„Eine Hymne für die Papierstadt“ – Songwriting mit Vorschulkindern
7 Sechsjährige, 3 Tage, 4 iPads, jede Menge Kopfhörer und nochviel mehr Papier –
Ziel: Präsentation eines selbstkomponierten Liedes zu unserer Ausstellungseröffnung
Aber wie?
Die Rahmenbedingungen
Im Rahmen des dreitägigen Projektes #knitter.KLÄNGE entstanden zwei kleine Projekte. Mehr zu dem Projekt #knitter.KLÄNGE könnt ihr auf dem Blogartikel „Wie klingt Papier? – Tablets in der Elementaren Musikpädagogik“ nachlesen. In dem von mir angeleiteten Projekt ging es darum eine Hymne für eine fiktive Stadt aus Papier zu komponieren und auf iPads aufzuführen. Die Kinder wurden in zwei Teams aufgeteilt, sodass 7 sechsjährige Kinder am Komponieren und Aufführen der Hymne teilnahmen.
Material
- 4 iPads
- 2 Sterne
- iRig Mic
- Kopfhörer für jedes Kind (bei Vorschulkindern braucht man wirklich für jedes Kind Kopfhörer, da sie noch keine eigenen besitzen, kleiner Tipp: falls ihr in-ear-Kopfhörer vermeiden könnt, tut es, denndiese Kopfhörer passen nicht in die kleinen Ohren der Kinder und verursachen mitunter Schmerzen!!!)
Handlungsziele
- Die Kinder bestimmen selbst den Inhalt des Liedes ausgehend von einer sich wiederholenden Passage.
- Die Kinder denken sich Text und Melodie für das Lied aus.
- Jedes Kind kann am Ende des Projekts mindestens eine App selbstständig bedienen.
- Die Kinder treffen Absprachen zum Musizieren in der Gruppe. Sie besprechen den Anfang und das Ende des Liedes.
- Die Kinder bewerten ihre Musik und ihr Musizieren verbal.
- Die Kinder nehmen beim Auf- und Abbauen der iPads für die Präsentation teil.
Die verwendeten Apps
- ThumbJam
Über die App könnt ihr in diesem Blogartikel etwas erfahren. 2 bzw. 3 Kinder arbeiten mit der App ThumbJam, jeweils alleine an einem iPad. Tonart und die Spanne legte ich fest, ein Instrument sollten sich die Kinder selbst aussuchen.
- Keezy Drummer
Mit der App keezy drummer können sehr leicht Beats erstellt werden. Beliebig viele Sounds können über verschieden farbige Punkte aktiviert werden. Für jeden Sound kann ein eigenes Fenster geöffnet werden, indem jedes 16tel eines Taktes angetippt werden kann und dann loopartig wiedergegeben wird. Neben coolen Sounds hat die App den Vorteil für Kinder, dass sie visuell sehr ansprechend ist. Allerdings neigen die Kinder dazu, alle 16tel zu markieren, weshalb ich im Projekt die Regel aufstellte, dass jeweils nur 4 Punkte in einer Farbe markiert werden dürfen. So entstanden vielfältige und schöne Rhythmen für die Hymne. 2 Kinder arbeiteten an einem iPad mit Keezy Drummer.
- SoundPrism
Bei SoundPrism kann man in einer bestimmten Tonart die passenden Akkorde für jeden Song finden. Die Papierhymne wurde in D-Dur gespielt – oder in orange, so merkten es sich die Kinder. Ein Kind war für das Spielen der Basstöne zuständig, ein anderes für die Akkorde auf der rechten Seite des Interface. Die Kinder hatten viel Freude und Ausdauer beim beim Musizieren, allerdings war der Impuls groß, sehr schnell auf das iPad zu tippen, was dem musikalischen Ergebnis nicht unbedingt zuträglich ist. Daraus folgend stellte ich die Aufgabe, ganz langsam zu spielen.
Alle Apps beinhalten den Vorteil, dass die Kinder sich sowohl etwas Reproduzierbares damit ausdenken, also komponieren können, als auch Raum für Improvisation lassen, wobei durch Festlegung der Tonart und weitere Festlegungen ein musikalisch ansprechendes Ergebnis herauskommt.
Ablauf
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Warming-up
Als erstes machten wir ein kleines Warm-up, bei dem alle Kinder ihre Namen sagen sollten. Allerdings in ein Mikrofon mit lustigem Effekt – zum Beispiel „go bass“ bei harmony voice. Diese Idee stammt von einem Kollegen aus dem Zertifikatskurs tAPP und brachte neben viel Spaß auch die Verwunderung über das Verzerren der eigenen Stimme und die tiefen Bässe, die auf einmal aus den Mündern der anderen Kinder zu kommen schienen. Dieser Einstieg ist auf jeden Fall zu empfehlen für Projekte mit Apps! #verfremdung
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Inhalt der Hymne
Als Ausgangspunkt hatte ich mir einen Refrain für die Hymne ausgedacht: „Piet der Papierflieger fliegt durch unsere Stadt, die vieles Schönes zu bieten hat.“ Ausgehend davon sollten die Kinder sich überlegen, was es in der Stadt Schönes zu sehen gibt und das anschließend innerhalb von 10 Minuten auf ein Blatt Papier malen.
Die entstandenen Werke wurden an der Pinnwand in 2 Strophen aufgeteilt. Dann feilten wir an Formulierungen. Manche Kinder hatten tolle Ideen und konnten super reimen aber es war schwierig, die Ideen zusammenzubringen und auf das Thema zu beziehen. Habt ihr Ideen, wie man die Textkomposition anders gestalten kann? Vielleicht war es einfach zu viel gewollt, jedenfalls beließen wir es dann bei einer Strophe. #sprachkompetenzen
Im Hintergrund seht ihr die Szenen aus der Papierstadt, über die wir gesungen haben.
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Apps kennenlernen/ Exploration
Als nächsten Schritt sollten die Kinder die Apps und die Technik kennenlernen. Kopfhörer wurden verkabelt, die Apps ausprobiert, die Lautstärke eingestellt. Zunächst waren die iPads nicht miteinander verkabelt, sodass die Kinder nur die Musik von ihrem iPad hörten. Alle Kinder explorierten mit großer Motivation die Apps, tauschten nach einigen Minuten sogar Kopfhörer, um sich gegenseitig zu zeigen, was sie gelernt und entdeckt hatten.
Nach dieser Explorationsphase erklärte ich den jeweiligen Kindern die App, die sie benutzt hatten, bzw. die Funktionen, die sie noch nicht entdeckt hatten und gab ihnen Aufgaben wie z.B. sich einen Sound auszusuchen. #intuitiv #peertopeer
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Festlegungen treffen
Um ein Stück auf die Beine zu stellen, was bei der Aufführungseröffnung präsentiert werden konnte, sollten nun musikalische und den Ablauf betreffende Festlegungen getroffen werden. Dazu stellte ich den Kindern App- spezifische Aufgaben. Die Kinder mit ThumbJam sollten sich eine kurze wiederholbare Melodie ausdenken, die Kinder, die mit SoundPrism arbeiteten, sollten sich für eine bestimmte Einstellung entscheiden und möglichst langsam spielen. Mit den Kindern, die auf Keezy Drummer musizierten traf ich die Absprache am Anfang des Songs mit einem Sound zu beginnen und nacheinander Sounds hinzufügen.
Anschließend verkabelten wir die iPads über die Sterne, so dass nun alle Kinder die Musik aller iPads hören konnten. Weiterhin legten wir einen Ablauf fest: Wer beginnt wann, wann singen wir den Refrain, wann die Strophe, wie wird der Song abgeschlossen?
Ich fragte die Kinder immer wieder nach Veränderungsvorschlägen, weil mir eine gemeinsame Reflektion wichtig war. Teilweise hatten sie gute Ideen, wobei ich festgestellt habe, dass es wirklich eine großer Herausforderung für Vorschulkinder darstellt, Verbesserungsvorschläge zu finden. Wie kann man mit der Herausforderung einen demokratischen Songwriting Prozess zu initiieren umgehen? Was für eine Methode wäre sinnvoll, um gemeinsam mit den Kindern zu reflektieren und Verbesserungsvorschläge zu finden? #prozessorientierung #reflektion
Hier seht und hört ihr die Papierstadthymne im Endergebnis. Die Aufführung findet in den Kellerräumen zur Ausstellungseröffnung statt.
Fazit/Ausblick
- Ich habe tatsächlich noch nie so eine große Ausdauer bei sechsjährigen Kindern beim Komponieren eines Liedes erlebt. Die große Motivation der Kinder zeigte sich an der Zeitspanne der Konzentration, zum anderen verbal (Immer wieder hörte ich Ausrufe wie „oh geil“. In der Auswertungsrunde am Ende des zweiten Tages sagten mehrere Kinder, dass ihnen das „Musik machen mit den Tablets“ am meisten Spaß gemacht habe.) und weiterhin dadurch, dass sie sich immer wieder gegenseitig das Produzierte zeigen und anhören wollten. #ipadmusik #begeistert
- Eine weitere spannende Erfahrung war das Arbeiten mit Apps, die nicht speziell für Vorschulkinder ausgelegt sind (z.B. SoundPrism, ThumbJam). Es ist immer wieder erstaunlich, wie gut die Kinder mit den iPads umgehen können, weshalb man Vorschulkindern auch Apps anbieten kann, die relativ anspruchsvoll in der Bedienung sind. Mit Apps wie SoundPrism, ThumbJam und Keezy Drummer lernen die Kinder musikalische Entscheidungen zu treffen und zu reflektieren, was ihnen gut gefällt und was nicht. Was sagt ihr dazu? Habt ihr auch schon mit nicht speziell für Vorschulkinder konzipierten Apps gearbeitet? Welche Erfahrungen habt ihr dazu gemacht? #appsfürvorschulkinder
- Durch das Ziel, auf der Ausstellung einen Song zu präsentieren, bin ich sehr zielorientiert an die Erarbeitung des Liedes herangegangen. Zum einen war es ein tolles Erlebnis für die Kinder einen Song zu präsentieren – sie waren voller Stolz. Jedoch interessiert mich, wie sich ein Songwriting- Projekt mit Vorschulkindern, was mehr prozessorientiert ist, gestalten würde. Hätten die Kinder einen höheren Bezug zum Song? Was würden sie lernen? Was würde sich im Umgang mit den Apps verändern? #selbstwirksamkeit #gruppenprozesse
Aus dem Projekt nehme ich mir mit, dass man mit Vorschulkindern in einer kleinen Band musizieren kann, weil die Kinder jede Menge Freude an den Klängen und Rhythmen haben, die Apps zu bieten haben.
Probiert es doch selbst mal aus, und berichtet von euren Erfahrungen!
Almut Voigt ist studierte Musikpädagogin und Musikerin. Mit ihrer Tätigkeit als freie Musikpädagogin liegt ihr Schwerpunkt bei digitalen Medien in der Musik- und Kunstpädagogik, derzeit in und um Leipzig/Sachsen.
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