Flüchtlinge musizieren mit Apps

jose | 4. Juli 2016

Ein musikalisches Abenteuer

 

Als Teilnehmer des Zertifikatskurses tAPP – Musik mit Apps in der kulturellen Bildung  habe ich mein eigenes Praxisprojekt mit jungen Flüchtlingen durchführt. Ich arbeite bei dem Träger Für Soziales als Betreuer in einer Jugendwohnung mit neun männlichen minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen. Viele der jungen Menschen, die in unserer Einrichtung leben, sind musikalisch talentiert und auch daran interessiert, selbst Musik zu machen, wobei jedoch die wenigsten ein Instrument zu spielen gelernt haben. Musik spielt für die Jugendlichen aber eine wichtige Rolle, da sie zum einen eine Verbindung zu ihrer kulturellen Herkunft darstellt. Zum anderen hilft ihnen die Musik, ihre seelischen Probleme zu bewältigen. Hier kann ein Musikprojekt mit Apps ansetzen und ihnen die Möglichkeit bieten, Musik zu machen, auch ohne ein Instrument zu beherrschen, und das Musizieren als ein Ausdrucksmittel für sich zu entdecken.

1. Pädagogische Ziele

Ich hatte die Idee, mit den Teilnehmern des Projekts gemeinsam ein Musikstück zu produzieren. In der Einrichtung leben Jugendliche mit teilweise sehr unterschiedlichen kulturellen Hintergründen. Daher ist das Zusammenleben nicht immer leicht. Mit dem Projekt verfolgte ich neben der musikalischen Arbeit dementsprechend auch pädagogische Ziele wie die Stärkung der sozialen Kompetenzen der Teilnehmer sowie die Stärkung als Gruppe durch Kommunikation und Zusammenarbeit. Die Jugendlichen sollten angeregt werden, ihre eigene Kreativität einzusetzen und ihre Gefühle auszudrücken. Dabei war es aber ebenso wichtig, die anderen Teilnehmer und deren Beiträge zu respektieren und so gemeinsam zum Ziel zu gelangen. Am Ende sollte ein musikalisches Stück als greifbares Ergebnis der gemeinsamen Anstrengungen stehen.

 2. Durchführung

2.1 Vorstellung des Projekts in der Einrichtung

Während eines Gruppenabends habe ich den Jugendlichen kurz meine Projektidee erklärt und zur Teilnahme eingeladen. Die Jugendlichen konnten sich zunächst nicht so viel darunter vorstellen, wie sie mit Apps musizieren sollen. Einige waren aber interessiert und es meldeten sich zunächst drei Jugendliche für die Teilnahme am Projekt an. In der folgenden Woche sollte die erste Sitzung dann stattfinden und wir waren sehr gespannt, was auf uns zukommen würde.

2.2 Erste Sitzung

Für unsere erste Sitzung haben wir uns an einem Freitagnachmittag im Musikraum unserer Jugendwohnung verabredet. Freitags kommen die meisten Jugendlichen eher aus der Schule als an den restlichen Wochentagen und das Wochenende steht vor der Tür. Ein guter Zeitpunkt, um sich entspannt und mit freiem Kopf ins Abendteuer Musik mit Apps zu stürzen.

Unseren ersten Termin haben wir hauptsächlich genutzt, um Ideen zu sammeln und die Apps auszuprobieren. Das habe ich sehr locker gestaltet, da es mein Ziel war, dass die Jugendlichen verschiedene Apps ausprobieren und sich mit diesen vertraut machen. Das Projekt habe ich dabei von Beginn an soweit offen konzipiert, dass die Teilnehmer während der Arbeit mit den Apps Ideen entwickeln, artikulieren und weiterverfolgen können und sollen. Das hat dann auch ganz gut geklappt.

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Die App Figure wurde auch ausprobiert

Ich habe zunächst folgende Apps vorgestellt und auf den verschiedenen iPads aufgemacht, so dass die Teilnehmer diese dann ausprobieren konnten:

 

 

 

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Ein Jugendlicher experimentiert mit PlayGround

Am Ende der ersten Sitzung habe ich ein kleines Feedback mit den Jugendlichen durchgeführt, um ihr Interesse und ihre Motivation abzufragen. Die Jugendlichen waren erstaunt, was sie mit den Apps alles machen konnten und sie waren begeistert. Hier ist noch zu erwähnen, dass ein Jugendlicher, der während des Gruppenabends kein Interesse an dem Projekt gezeigt hatte, während der Sitzung in den Musikraum kam, da er die Musik gehört hatte und mal sehen wollte was wir so machen. Schnell hatte er sich mit eingebracht und fand es dann so interessant, dass er geblieben ist und weiterhin am Projekt teilnehmen wollte. Ich habe mich natürlich über den vierten Teilnehmer gefreut und ihn gerne in die Gruppe aufgenommen.

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Konzentriertes Arbeiten mit den verschiedenen Apps mit der Unterstützung des Projektleiters

Während der Arbeit mit den Apps keimte in den Jungs der Wunsch auf, ein Hip-Hop-Stück zu kreieren. Einer der Teilnehmer bot an, einen seiner selbst verfassten Texte dafür zur Verfügung zu stellen. Da ich bereits damit gerechnet hatte, dass unser Projekt diese Richtung nehmen wird und darauf vorbereitet war, habe ich diese Idee gerne aufgegriffen und gab den Jungs für die nächste Sitzung die Aufgabe mit auf den Weg, sich zu überlegen, mit welchen Apps wir weiterarbeiten wollen.

 

 

Wir haben dann noch einen Termin für unser zweites Treffen vereinbart und sind voller Motivation ins Wochenende gegangen.

2.3 Zweite Sitzung

In der zweiten Sitzung haben wir anfangs über die einzelnen Apps gesprochen, die die Jugendlichen ausprobiert haben und die Jungs haben ihre Meinung zu ihren ersten Erfahrungen mit den Apps eingebracht.

Die Jungs haben sich dafür entschieden, das Projekt zunächst mit Auxy Stück für Stück aufzubauen.

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Die Jugendlichen fanden Gefallen an Auxy und wollten ihr Musikstück zunächst mit dieser App realisieren

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Das Projekt nimmt Formen an

Sie waren sehr motiviert und begaben sich sogleich in den Prozess der Rhythmusfindung. Nachdem ein Rhythmus erstellt war, der mit dem Text des Teilnehmers passte und allen Teilnehmern gefiel, haben die Jungs die weitere Arbeit untereinander aufgeteilt und sich in Gruppen um die Elemente Bass und Melodie gekümmert. Dies sollte mit stetiger Kommunikation untereinander und immer wiederholtem Ausprobieren geschehen. Das klappte zumeist auch sehr gut, allerdings gab es auch Phasen, in denen sich die Jugendlichen so stark auf ihre konkrete Aufgabe konzentrierten, dass ich auch Luft zum Ausprobieren lassen musste.

Am Ende der zweiten Sitzung hatten wir viel geschafft und beendeten unser Treffen mit einem gut vorangeschrittenen Projekt.

2.3 Dritte Sitzung

Unsere letzte Sitzung hielt einige Überraschungen für uns bereit. Eine davon sollte unser größtes Problem werden, die beinahe das Scheitern des Projekts bedeutete.

Der Jugendliche, der seinen Text einbringen und singen wollte, sagte eine halbe Stunde vor unserem Treffen seine weitere Teilnahme am Projekt ab, da er sich gerade im Fastenmonat Ramadan befand. Es tat ihm sehr leid und er mochte auch die Arbeit im Projekt sehr gerne, aber der Ramadan ist eine Zeit der Meditation und er hatte gemerkt, dass die Arbeit mit Musik in diesem Monat für ihn nicht angebracht war und er sich nach der zweiten Sitzung deswegen nicht wohl fühlte. Die weiteren Jungs haben diese Nachricht zwar mit Verständnis für seine Situation aufgenommen, aber dennoch machten sich Frustration und Resignation breit, da die Arbeit der letzten Sitzung nicht mehr wie geplant fortgeführt werden konnte. Jetzt musste schnell eine Lösung her, bevor die Jungs tatsächlich aufgeben und auseinandergehen würden.

Es war klar, dass wir von vorn beginnen müssen. Da ich gerade ein paar Tage zuvor die neue Version von Blocs Wave ausprobiert hatte, diese App sehr intuitiv ist und vielseitige Möglichkeiten bietet, entschied ich mich, den Jungs diese App vorzustellen und das Projekt von einer neuen Seite wieder anzuschieben. Es war zwar ein Risiko zu diesem Zeitpunkt eine neue App einzuführen, aber andererseits war das Projekt kurz vorm Scheitern und es gab nur etwas zu gewinnen oder alles zu verlieren.

Ein Vorteil von Blocs Wave ist, dass es verschiedene Samples der Bereiche Bass, Drums, Melodie, Percussion, Vocal und Effekte in unterschiedlichen Musikstilen gibt, die miteinander kombiniert werden können. So hatten wir nach dem Rückschlag für unser Projekt trotzdem noch die Möglichkeit, ein Stück auf die Beine zu stellen. Ein weiteres großes Plus dieser App war außerdem, dass die Jungs verschiedene Samples fanden, die Ähnlichkeiten mit den afrikanischen Melodien ihrer Herkunftsländer aufwiesen. Die Neugier war wieder geweckt und die Motivation kehrte zurück.

Einen kurzen Eindruck  der App vermittelt folgendes Videotutorial:

Die Aufgabe war nun, dass die drei verbleibenden Projektteilnehmer die Samples nach passenden Elementen für ein Hip Hop-Stück durchsuchten und gemeinsam ausprobieren sollten. Nach einiger Zeit, die die Jungs sehr produktiv mit der App genutzt haben und nachdem die rhythmische Basis für das Stück gefunden war, sprachen wir darüber, welchen Stil das Stück letztendlich haben soll.

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Die Arbeit mit Blocs Wave gefiel den Jugendlichen gut und das Projekt nahm wieder Fahrt auf

Einer der Jugendlichen entschied sich spontan dazu, ein paar Sätze einzusprechen, die mit seinem Leben hier in Deutschland zu tun haben. Diese Initiative fand ich sehr schön und interessant, zumal sie von dem Jugendlichen ausging, der zunächst kein Interesse an einer Projektteilnahme hatte und nun richtig aus sich herausging. Ich habe mich dafür entschieden, die Stimme mit GarageBand aufzunehmen, da diese App eine einfache Bearbeitung der Aufnahme ermöglicht.

 

 

 

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Mit DrumJam werden noch Percussionelemente für das Stück kreiert

Die Jugendlichen arbeiteten weiter an den Samples, die dann auf einem iPad miteinander kombiniert wurden und so langsam das Stück formten. Da es nur wenige Percussion Samples in Blocs Wave gibt, wollten die Jungs noch ihren eigenen Percussion Sound mit DrumJam aufnehmen. Mit Audiobus konnten wir dann die einzelnen Elemente synchronisieren und in GarageBand zusammenfügen.

Die dritte Sitzung war letztendlich die, in der wir praktisch das ganze Stück produziert haben. Diese Sitzung war auch viel länger als geplant, aber da wir uns in der Jugendwohnung trafen und dadurch keinen Druck hatten, konnten wir uns die Zeit nehmen, die wir brauchten und investieren wollten. Am Ende haben wir das Ziel erreicht und die Jungs waren sehr stolz auf ihre Leistung und das Ergebnis. Gerade nach den Problemen, die sie bewältigen mussten, ist dies eine beachtliche Leistung, auf die sie zu Recht stolz sein können, aber hört selbst:

 

4. Fazit

Wir haben es durch Höhen und Tiefen hindurch geschafft, ein Hip-Hop-Stück zu produzieren, dass als greifbares Ergebnis am Ende des Projektes steht. Das Projekt war musikalisch sowie bezüglich der Förderung der sozialen Kompetenzen ein Erfolg. Die Jungs haben gut zusammengearbeitet, haben sich mit den unterschiedlichen Lebenssituationen, in denen sie sich befinden auseinander setzen müssen und sich als kleinere Gruppe neu orientiert. Die Kommunikation hat auf sprachlicher und musikalischer Ebene recht gut funktioniert und die Jungs haben sich alle kreativ eingebracht und sind teilweise sogar unerwartet aus sich herausgegangen.

Wir haben viele verschiedene Apps ausprobiert, da ich den Jungs anfangs die Möglichkeit geben wollte mehrere Apps kennenzulernen und dann die auszusuchen, mit denen sie selbst arbeiten wollen. Hier hätte ich das Spektrum besser kleinhalten und mich von Beginn an auf wenige intuitive Apps beschränken sollen. So hätte man vielleicht eher das angefangene Projekt retten können und so insgesamt mehr Zeit gehabt, an dem letztendlichen Ergebnis zu arbeiten.

Dennoch konnten wir unseren kritischen Moment in der dritten Sitzung retten und in etwas Positives verwandeln, da das Ausscheiden des einen Jugendlichen die anderen als verbleibende Gruppe dann doch gestärkt hat und sie das Ziel mit Zeiteinsatz und neuer Motivation unbedingt erreichen wollten.  Daher hat das Ergebnis umso mehr an Bedeutung für die verbliebenen Teilnehmer gewonnen.

 5. Zukunftsausblick

Die Jungs möchten weiterhin mit den Apps arbeiten. Auch andere Mitbewohner der Jugendwohnung fanden im Nachhinein Gefallen an unserer Arbeit und möchten bei zukünftigen Projekten mitwirken. Mein Träger fördert meine Arbeit mit den Musikapps und unterstützt meinen Wunsch, diese Arbeit auf andere Einrichtungen auszuweiten.

Dieses erste Projekt hat auch mir noch einmal verdeutlicht, welches Potential in den kleinen großen Programmen steckt und dass mir als Projektleiter unendlich viele Möglichkeiten für die pädagogische Arbeit mit den interessierten Kindern und Jugendlichen offen stehen.

 

Dipl. Soziologe, Kinder- und Jugendhilfe, Musiker, Gitarre, Charango, Flöte, Cajon, musik- und sportpädagogische Projekte


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